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Sonny

SonnyTee ist einer der Old Schooler, die heute noch aktiv sind. Er hat so einiges im Hip Hop geleistet. Sonny ist nicht nur als B-Boy bekannt sondern auch durch seine Graffiti-Aktionen unter dem Namen JASE. Er war auch Mitglied der bekannten Writer Crew TDS (The Def Stars).

Als Tänzer hat Sonny einen kreativen, eigenwilligen Style gefunden, an dem man ihn sofort erkennen kann.
Dadurch, dass LEO aus Pforzheim das P-Town Battle mit Sonny in der Jury organisierte, bot sich die Möglichkeit an, ein Interview mit SonnyTee zu machen, was ich natürlich war genommen habe.

Hier also das Interview mit einer stylischen, inspirierenden und freundlichen Person, die auch so einiges zu sagen hat: SonnyTee.

http://www.sonnytee.de/


 

HHWS: Wann und wie bist du zum Hip Hop gekommen?

SONNY: Also ich kann dir sagen, wie ich zum Breaken gekommen bin. Das war im Herbst 1983 durch eine Klassenkameradin. Sie war in den Ferien in New York, ist zurückgekommen und fing an auf so einer Klassendisco, wie es sie damals bei den Schulklassen gab, Pantomime zu tanzen und ich fragte sie gleich: „Hey, was ist das?“ Und sie sagte: „Das ist der neueste Trend aus Amerika.“

Ich mache sehr viel Kung-Fu und sehr viele Tricks, also mehr Show Kung-Fu als Kampf Kung-Fu, und das passte dann mit der Akrobatik und dem Tanzen ganz gut. Dann habe ich halt angefangen zu tanzen.
Nach einem Jahr, so ’84, kam dann die Modewelle, wie z.B. die Breakdance Sensation ’84 Sache von Bravo, heute find ich das ganz ätzend, damals fand ich das super, dann kamen die guten Filme, wie z.B. Breakin’ und Beatstreet. Dann habe ich alles nachgemacht wie die das machten, ich habe auch nicht geglaubt das ich so was kann, ich habe einfach probiert das zu machen.

In Beatstreet war ich 2-3-mal im Kino oder so, und versuchte dann zuhause oder auf der Strasse die ganzen Sache nachzumachen, auch wie die sind, wir suchten auch alte, verlassene Häuser, wir wollten alles so wie die. In dem Film Beatstreet kam der Satz: Hip Hop Dont Stop. Dann habe ich nach und nach gelernt was Hip Hop ist.

Mit dem Malen habe ich angefangen, weil die Breaker immer ihre Namen auf den T-Shirts und so hatten, dann habe ich das natürlich auch nachgemacht. Da war mir nicht bewusst, dass ich dann Writer werde.

Ja, Musik, das Rappen, liegt mir nicht so. Beatboxing habe ich ein bisschen gemacht und ein bisschen DJ’ing, so ca. 2 Jahre.

 

HHWS: In welchen Crews bist du?

SONNY: Also beim Graffiti bin ich jetzt in keiner Gruppe, früher war ich in TDS (The Def Stars).
Meine erste Graffiti Gruppe war SMF, Style Master Force. Danach haben wir durch das Reisen und das B-Boying ein paar Leute kennen gelernt.

Die erste Jam, die Dortmund Jam, da habe ich dann einige Leute kennen gelernt, die machten Graffiti und breakten. Da wurde ich dann aktiver im Graffiti. Dann haben wir die TDS Crew gegründet, wir kamen alle aus verschiedenen Städten. Wir nahmen „The Def Stars“ als Namen. Ach ja, man tagte früher nicht einfach nur sein Tag, man nannte sich immer irgendwie mit „Mister“, „King“, „Super“ oder „Doctor“. Man nahm sich da immer noch so einen Titel dazu. Da hab ich mich noch „JAYSE“ genannt, also anders geschrieben als später.
Im B-Boying bin ich seit 1995 in dem Magnificent Movement, also heute auch noch.

Dann noch in Soul Control, da bin ich der einzigste, der nicht aus Amerika kommt, der Rest ist alles aus Amerika.

Ja früher, da war ich noch mit Storm in einer Gruppe, die hieß „Unique Rockers“, ich glaub das war so von 1986 bis 89, aus schulischen Gründen, ich ging ja weiter zur Schule und er hat dann die Realschule beendet und ist rumgereist. Bei mir ging das nicht so.

Dann habe ich ein bisschen aufgehört und 91 habe ich dann die restliche „Battle Squad“ kennen gelernt, da ist Storm schon zu „Battle Squad“ gegangen und hat Emilio kennen gelernt. Emilio hat dann gesehen dass ich die ganzen Schritte kann und auch Breaken kann. Dann habe ich wieder weiter getanzt.

Ich war noch mit Storms Bruder Speedy in den Unique Rockers und dann in der Fresh Force Crew, mit denen ich auch 93 meine erste Battle Of The Year hatte.

 

HHWS: Du warst jahrelang als Graffiti-Writer Jase von der TDS Crew bekannt. Erzähl uns doch bitte etwas über diese Gruppe.

SONNY: Die habe ich, wie gesagt, auf den Jams kennen gelernt und dass hat sich dann erweitert. Da ich oft in Holland bin, habe ich mehr von den Holländern beim Graffiti gelernt und dann habe ich einen von den Holländern mit in die Crew genommen, das war „Zedz“. In der Crew sind ausserdem „Cantwo“, „Zebster“, „Hesh“ und „Skena“.

 

HHWS: Wie sieht es jetzt bei dir aus mit Graffiti. Malst du noch?

SONNY: Ich habe gerade (Anm.: 25.09.2004) vor vier Wochen wieder angefangen. Davor habe ich eine Pause hingelegt, ich hab einfach viel zu tun.

Früher in der Schule konnte man noch beide Sachen machen, aber nach dem Studium versuchte man einen Job zu finden, ich habe auch zwei Jahre lang als Illustrator gearbeitet. Ich habe ja mit Cantwo zuammen studiert, und als er dann weg war habe ich mich mehr aufs Tanzen konzentriert.

Ich rauche und trinke nicht, und die meisten Sprüher in Hamburg sind da halt anders drauf gewesen, und deswegen habe ich mehr getanzt.

Dann habe ich mehr Aufträge bekommen, also mittlerweile unterrichte ich 5-6 Stunden am Tag Breakdance in Tanzschulen und Jugendeinrichtungen und so.

 

HHWS: Im Backspin (Nr.12) erwähntest du in einem Interview, dass du etwas Richtung Grafik machen möchtest. Hat das geklappt, bzw. kannst du deinen Lebensunterhalt durchs Tanzen oder grafische Tätigkeiten verdienen?

SONNY: Also ganz ehrlich gesagt, ich habe noch nie normal gearbeitet. Ich habe bis jetzt nur ein Praktikum gemacht. Ich habe von zwei Agenturen als Grafiker Angebote bekommen, aber das wollte ich nicht, da ich dann 12 Stunden arbeiten müsste und da hätte ich das Tanzen auf jeden Fall vergessen können, das wollte ich nicht. Und irgendwann habe ich mehr Aufträge und Auftritte bekommen, Hamburg ist ja groß, da gibt es auch viele Tanzschulen.

Ich kann zwar davon leben, aber es ist keine Arbeit für die Zukunft, da der Verschleiss hoch ist und man irgendwann nicht mehr tanzen kann.

Heute habe ich mir auch gedacht, wieder mehr zu malen und vielleicht was in grafischer Richtung zu machen. Und so was wie Jury zu machen, das möchte man auch nicht immer machen, also mit dem Tanzen kann man nicht unbedingt seine Zukunft gestalten, es sei denn man macht es so wie Storm, er interessiert sich sehr für Locking, Popping und Choreographie, aber das liegt mir nicht im Blut. Ich mach zwar selber ein bisschen Popping und Boogaloo, aber mein Interesse ist dabei nicht so groß. Und ausserdem macht irgendwann der Körper nicht mehr mit.

 

HHWS: Was für eine Bedeutung hat das Writing für dich persönlich?

SONNY: Also ehrlich gesagt hat mich das Writing nie richtig interessiert, ich bin eher zufällig hineingerutscht. Die meisten Breaker machten dann Graffiti und es gab immer weniger Breaker. Mir lag eher das B-Boying. Ich hing dann mit den Writern rum und irgendwann saßen wir in einem Raum, alle skizzierten und ich dann auch. Da dachte ich mir: „Hey Sonny, du kannst eigentlich sehr gut zeichnen, warum machst du das nicht?“

Und wenn du von allen Seiten hörst dass du gut bist, dann machst du es auch weiter.
Mir hat das Writing auch dann gefallen, der erste Grund war aber, dass es mit dem B-Boying in meiner Umgebung zurückging.

Als es dann mit TDS angefangen hat hatte ich auch noch mehr Interesse und seit dem Studium habe ich mich richtig dafür interessiert, ich verstand dann ein bisschen mehr von der Kunst. Vorher war es eher ein Bauchgefühl.

Ich bin da anders als Cantwo, der hatte schon damals das Ziel mehr zu machen, T-Shirts,…

 

HHWS: Was hast du studiert?

SONNY: Ich habe Illustrator studiert, Grafik-Design. Genau dasselbe was Cantwo auch studiert hat.

 

HHWS: Graffiti ist explodiert und in alle Richtungen gegangen, es gibt Writer-Kleidung, -Dosen, -Videos… Glaubst du, dass es in diesem Bereich noch eine Steigerung geben kann?

SONNY: Ich denke schon dass es sich weiterentwickelt. Ich bin ja seit vier Wochen wieder in die Writer Szene reingerutscht und habe so ein bisschen die Szene in Hamburg erforscht. Also ich muss leider sagen dass es heute aggressiver ist, ich habe mir da eine Wand angeguckt und da kommt so ein Typ und sagt: „Willst du hier sprühen, oder watt?“ Ich sagte: „Ich habe mir nur die Wand angeguckt, kann man da denn nicht rüber?“ und er sagte: „Nein, diese Wände sind reserviert.“ Also ganz komisch, ich respektiere es schon, dass es vielleicht ihre Wand ist, es gibt ja tausend Wände. Und ich fand es traurig da, wenn man früher einen mit der Dose in der Hand sah, dann ging man einfach hin und kommunizierte und tauschte sich aus.

Das mit der Kleidung gab es ja schon immer, ich habe damals auch schon Airbrush gemacht.
Was mich an den neuen Dosen fasziniert, ist die große Farben- und Capauswahl. Vieles von dem von heute gab es damals nicht.

Eine Steigerung gibt es bestimmt noch, die Menschen werden immer interaktiver, obwohl ich das nicht so gut finde, die Leute machen gar keine Reisen mehr und erleben Abenteuer. Heute klicken sie einfach auf die Knöpfe auf der Computer Tastatur und sind im Internet. Ich habe zuhause auch einen Computer, aber das ist ganz anders als zu Jams zu reisen und da mit dem Writer zu sprechen und dort zu tanzen. Also ich hätte da immer lieber den Weg auf mich genommen. Die sind so aufgewachsen und kennen es auch nicht anders, aber ich wünsche mir, dass es die Leute durchziehen und rumreisen. Dadurch kann man auch die Skillz verbessern. Wir waren damals gut, weil wir rumgereist sind und mit den Leuten geredet haben. Wir verstanden warum die ihre Styles so malten oder warum die so und so tanzten und verstanden die Hintergründe. Durch diesen ganzen Mix haben wir daraus neue Sachen gemacht. Wenn wir die Foundation von dem und dem wissen, dann können wir auch wieder eine neue Foundation aufbauen. Und das fehlt mir heute.

Heute schaut man einfach aufs Foto und versteht gar nicht, warum das so und so gemacht ist, warum dieser Schwung da ist und so…auch warum das B-Boying so sein muss und warum man nicht einfach nur auf die Schulter springt.

Das ist schon vergessen, dass Breakdance ein Tanz ist und keine Akrobatik.

 

HHWS: Es gab ja immer wieder von verschiedenen Personen die Aussage, dass richtiges Writing nur auf Zügen stattfinden kann. Was hältst du von dieser Aussage?

SONNY: Als ich anfing habe ich diesen Beitrag im Fernsehen gesehen, da liefen nur Züge und wir fanden das damals gut. Durch die Illegalität lernt man die Technik, die Schwünge besser als wenn man legal sprüht.

Beim Illegalen muss man schneller malen, beim Legalen kann man so Stück für Stück sprühen.
Man muss auch ein bisschen ruhig dreckig sein, nicht nur auf Feinheiten gehen. Das ist genauso wie beim Tanzen, so clean ist auch nicht gut, der Flow fehlt.

Unter Druck zu malen, da wird man halt besser. Aber ich rate es jetzt nicht jedem, Illegal zu sprühen.

 

HHWS: Kommen wir jetzt zu deiner tänzerischen Seite. Mittlerweile bist du Mitte 30 und nach wie vor als B-Boy in Deutschland unterwegs. Wie passt das mit deinem Alltag zusammen?

SONNY: Also ich verdiene ja durchs Tanzen, ich kenne das ja nur so. Ich sehe meine Aufgabe jetzt auch ein bisschen anders. Ich tanze nicht nur einfach, ich versuche auch jüngeren Leuten das zu vermitteln was wir damals falsch gemacht haben. Damit die auch mehr verstehen und besser und schneller werden.

Einige von den Old Schoolern sagen auch: „Hey Sonny, das ist doch wack was die da machen. Wie findest du das?“ Da habe ich gesagt: „Du kennst mich und du weißt was ich mache. Warum erzählst du mir das, natürlich finde ich das und das wack. Aber hast du das auch zu den Kids gesagt?“ Die haben nein gesagt. „Also woher sollen die Kids dann wissen was gut und schlecht ist“ sagte ich dann.

Wenn du die Szene gerne anders sehen, verbessern möchtest, dann musst du auch hinein gehen und da arbeiten.

 

HHWS: Das Wissen halt weitervermitteln.

SONNY: Ja, natürlich. Wenn ich nicht möchte, dass eine Zukunft so aussieht, dann gehe ich zu den Leuten. Wenn die mir dann nicht zuhören, dass ist dann eine andere Sache.

 

HHWS: Du hast es auf jeden Fall probiert.

SONNY: Ich probiere es immer so, ich bin immer offen und wenn Leute mit mir reden wollen, gerne.
Wir waren früher auch nicht perfekt, das was die durchgekaut haben, haben wir damals auch durchgekaut und nach und nach wussten wir dann erst, was B-Boying ist. Viele junge Leute wollen das gar nicht wissen, man kommt schwer an die ran, es wächst einfach alles zu schnell.

Es gibt auch zu wenig Old Schooler die bereit sind zu helfen oder so, und einige sind auch zu müde. Einige von den jungen Leuten sind dann auch zu respektlos. Die Old Schooler wissen auch, was gut ist und was die jungen durchmachen.

Ich rede auch nicht nur immer von back in the days, ich versuche auch aktuell zu sein.
Das was die jungen Leute machen versuche ich auch zu machen, solange mein Körper das mitmacht. Das ist genauso wie wenn man eine Familie hat, dann muss man sich auch mit seinen Kindern beschäftigen, erst dann kann man sie verstehen.

Ich habe seit 10 Jahren eine Freundin, Jennifer heisst sie. Meine Eltern sagen mir, du bist schon Mitte 30 und du machst immer noch Kopfstand. Wann willst du endlich mal vernünftig arbeiten? Das kennt man ja von Eltern, aber darüber mach ich mir auch manchmal Gedanken, die haben schon irgendwo Recht. Sie sind ja wiederum die Old Schooler.

Heute denke ich mir, wie ich das B-Boying und das Graffiti behalten kann. Das versuche ich jetzt herauszufinden. Ich möchte auch noch mit 60, 65 mit den Dingen weitermachen, dann bin ich vielleicht selber nicht mehr aktiv, sondern eher so ein Gruppenleiter, Choreograph oder habe eine Tanzschule oder so.

 

HHWS: In dem Backspin Interview erwähntest du auch, dass du seit 1995 Probleme mit der Wirbelsäule hast. Wie kommt dein Körper mit der Belastung durchs Tanzen klar?

SONNY: Der kommt damit überhaupt nicht klar. Gestern waren wir in Heidelberg, sind um 5h morgens in Hamburg los und kamen um 12h an. Total fertig fingen wir an die Wand zu streichen, dann habe ich gesprüht bis irgendwann abends, so 8h. Ich hörte schon die ganze Zeit die Musik und wollte tanzen. Dann ging ich rein, und du weißt ja wie es ist, die jungen Leute sind energisch dabei und ich denke mir ok, das Level habe ich auch noch. Dann habe ich reingehauen und Rückenprobleme bekommen.

Man kann nicht mehr von 0 auf 100 Tanzen, man möchte sich aber auch nicht vor dem Kreis dehnen und so.
1995 hatte ich Wirbelsäulenprobleme und daher habe ich angefangen mehr Footwork und Styles zu machen. Wenn man sich damit beschäftigt, dann findet man auch neue Sachen und hat Spass daran. Einige Leute finden es auch ganz gut, dass ich so was mache.

Vorher habe ich auch nur Powermoves gemacht, obwohl ich eigentlich schon Anfang der 90er Styles gemacht habe, aber nicht so viel.

 

HHWS: Wenn du Aufhören würdest, willst du weiterhin auf irgendeine Weise tätig sein und vor allem wie?

SONNY: Ja klar, würde ich auf jeden Fall. Hmm, wenn du aufhören würdest…
Ich kann aber nicht aufhören, dass ist das Problem. Also ich weiss, dass es nicht gut für meinen Körper ist, aber man sagt ja, es gibt verschiedene Wege. Ich habe diese Sachen ’95 schon durchgekaut. Man macht Powermoves und der Mensch ändert sich auch, der Körper entwickelt sich und wird älter, dann musst du anders trainieren, dann habe ich auch noch andere Sachen gefunden. Und wer weiss, vielleicht findet man wieder einen bestimmten Stil, wo du etwas leicht aber trotzdem gut machen kannst.

Es ist wirklich nicht einfach leichte Sachen zu erfinden die gut oder auch sehr gut aussehen. Das ist schwieriger, finde ich, als wenn man gleich z.B. auf den Rücken springt. Heutzutage gibt es halt so Moves, desto gelenkiger, desto verknoteter es ist, desto besser. In dem Bereich ist es natürlich ein großes Feld, da kannst du viel machen.

Früher haben wir durch Mimiksachen und durch Posen und so was das gemacht, das ist schwierig.
Wenn ich mal Jury mache, dann beobachte ich nicht nur die Moves, ich beobachte wie ihre Ausdrücke sind. Ich mouml;chte wissen, ob die innerlich wirklich tanzen oder gehen die im Kopf eine Routine durch. Ich finde auch, dass jeder das fühlt.

Ich sag mal, wie soll ich es denn tänzerisch bewerten, ich sehe den Breakdance ja als Tanz, wenn einer reinkommt und eine derbe Runde 90 macht und geht wieder raus oder einer kommt mit einem Salto und landet im Spider. Hammer! Ich finde den Move ganz geil, ich finde 90 auch ganz geil, aber fehlt da nicht was?
Ich denke mal diese akrobatische Geschichte war für mich früher eher der Effekt zum Tanzen dazu, die Footworks und die Foundation fehlen bei einigen, und wenn das nicht drin ist, das empfinde ich dann nicht unbedingt als breaken.

Was hat das mit der Musik zu tun, der DJ braucht ja nicht die Musik anzumachen, wenn du einfach nur so eine Drehung machst oder so und teilweise nicht mal im Beat. Und ich weiss, es ist ein sehr schwieriger Move, z.B. Airflares, aber ich sehe auch, dass es einige zur Musik machen können. Das sollten die anderen als Beispiel sehen.

Viele sollten auch lieber mal auf der Strasse tanzen, weil das anders ist als im Jugendzentrum zu tanzen. Viele schauen beim Tanzen immer auf den Boden, da sieht man dass das Jugendzentrumtänzer sind oder die tanzen nur alleine im Raum, die haben gar keine Mimik. Aber die Leute die Streetshows machen, die haben eine ganz andere Mimik, die versuchen Leute zu animieren. Und das ist für mich auch wichtig.

 

HHWS: Was hat alles Einfluss auf deinen Style gehabt?

SONNY: Also beim Malen holte ich die Inspirationen früher von POEM, DUSTER oder auch SEEN. Ich finde andere Writer auch gut. Ich mixe mehr oder weniger, ich schaue mir auch andere Kunst an. Bei der Kunst ist es ja auch so, dass sie sich Elemente aus anderen Kunstrichtungen holen. Das habe ich mal festgestellt und das habe ich dann auch versucht.

Dann hat man auch den eigenen Stil. Genauso ist es auch beim Footwork und so. Ich habe ja 92 angefangen mit dem Footwork zu stoppen. Man machte ja früher Footwork und am Ende einen Freeze. Ich habe dann einfach zwischendurch Freezes gemacht und dann weiter Footwork gemacht um die Leute reinzulegen.

Ich habe auch gemerkt, dass es beim Tanzen sehr um Überraschungen geht. Das ist wie beim Boxen, man darf seinen Schlag auch nicht durch seine Schulterbewegung anzeigen. Und so ist es mit dem Breaken. Der eine macht einen derben Freeze und man sieht genau wie er da reingeht und der andere macht den gleichen Freeze, bloss völlig überraschend. Das ist es doch was man sehen möchte. Die Überraschung, ich meine tanzen besteht aus Effekten und Moves und so. Toprock z.B. ist auch nicht nur unbedingt mit den Beinen, da gehört auch der Flow im Oberkörper dazu.

 

HHWS: Wie oft trainierst du denn?

SONNY: Ich unterrichte ja 5-8 Stunden f%uuml;nfmal pro Woche und für mich alleine habe ich wirklich nur 2 Stunden zum trainieren, ab und zu auch am Wochenende, wenn ich nicht unterwegs bin.

 

HHWS: Popping, Locking, Electric Boogie… Wie wichtig sind dir die Funk-Styles?

SONNY: Für mich ist alles wichtig! Für mich gehört alles zusammen.

Ich weiss, dass es heute getrennt wird, aber ich habe angefangen mit dem Robot und so was und das hat sich mit dem Breaking vermischt und für mich ist das alles eins.

Lieber tanz ich mehr, also ich kann mehr Sachen, als wenn ich nur bestimmte Sachen kann. Wenn du einen Old Schooler gegen einen New Schooler battlen lässt, dann hat der Old Schooler für mich einen Vorteil, da er viel gemacht hat. Der kann von den Elektro Sachen über Locking, Handglide, verschiedene Windmills, Flaire, Headspin auch Footwork und so.

Heutzutage geht es doch eigentlich nur um drei Sachen, einige können ganz gute Airflare aber können noch nicht mal Windmills. Der würde dann in diesem Battle ein paar Highlights machen aber wie lange kann der dann da schon durchhalten?

Die Leute sollten sich mehr mit verschiedenen Moves beschäftigen, daraus entstehen auch neue Sachen. Und durch ein oder zwei Sachen ist es schwer, was Neues zu machen. Erst wenn ein anderer was Neues erfindet, dann wird es nachgemacht.

 

HHWS: Welche Musik hörst du am liebsten zum Trainieren?

SONNY: Ich höre verschiedene Musik zum trainieren, alte Funk Sachen, ab und zu auch mal Elektro Sachen. Ich höre auch ab und zu House, wenn ich z.B. in einen Club gehe. Das ist auch eine wichtige Sache, das die Leute abends mal zum tanzen in einen Club gehen. Die Leute haben kein Beatgefühl.

Also Leute die selten in den Club gehen, die tanzen eher steifer. Also wir haben früher die Toprocks immer in den Clubs trainiert. Das macht dann auch mehr Spass, in den Clubs kann man dann auch viele witzige Sachen machen.

Der eine hat mal den ganzen Club dazu gebracht, ähnlich wie Toprocks zu tanzen. Wir haben jedes Wochenende im Club Toprock trainiert, nicht gebreakt. Der wo angefangen hat zu breaken musste was zum trinken spendieren. Dann haben wir uns nur darauf fixiert.

 

HHWS: Da du ja schon lange dabei bist, hast du auch sehr viele Erfahrungen gemacht. Was gibst du dem Nachwuchs mit?

SONNY: Ich finde dass, egal wie einer tanzt, sollte jeder den anderen respektieren.

Das war bei mir beim Graffiti auch so früher. „Sonny, wieso sprühst du oft mit so unbekannten Leuten“ fragte man mich mal. Das hat ja damit nichts zu tun, ich sehe jeden Menschen anders und wenn ich mich mit dem gut verstehe, dann sprühe ich mit dem, egal ob er gut oder schlecht sprüht.

Genauso ist es beim Tanzen. Ob einer jetzt ein guter oder ein schlechter Tänzer ist, dann ist es da genauso.

In der Tanzschule war auch mal so was, ich habe die Kids an einem Tag zu 2er Gruppen zusammen getan. Da sagt eines der Kids: „Ich will nicht mit dem tanzen, der ist zu schlecht.“ Dann habe ich den guten und den schlechten einen Monat zusammen trainieren lassen und heute sind sie die besten Freunde. Man soll auch die Schwächeren unterstützen. Man muss auch menschliche Werte vermitteln. Nur so kann man besser leben, schau mal wie kaputt die Welt ist. Die kommunizieren nicht mehr, die bombadieren nur. Genauso wie die Tänzer, wenn die sagen: „Wir haben den zerstört, wir haben den kaputt gemacht!“

Es geht nicht ums zerstören, das Feeling ist nicht mehr so richtig da.

 

HHWS: Weißt du, wie die Hip Hop Szene in deinem Heimatland Indonesien aussieht und hast du Kontakt zu aktiven Leuten?

SONNY: Ich habe schon im Internet geforscht, Kontakte habe ich nur durch E-Mails. Der Storm war schon dort und hat Breaker dort getroffen, er hat mir davon erzählt.

 

HHWS: Das Battle of the Year ist eine riesige Veranstaltung geworden, wodurch die B-Boying Kultur auf der ganzen Welt gefördert und auch beeinflusst wird. Welche Meinung hast du zum BOTY?

SONNY: Also das Positive am BOTY ist das die Kulturen von anderen Ländern hier her kommen, damals mussten wir reisen um anderen Kulturen kennen zu lernen.

Was mir nicht gefällt ist diese Trennung. Ich verstehe was das BOTY macht und man kann es auch nur durch ein System regeln. Aber nicht jeder tanzt ja nach dem System, es gibt ja Leute die Boogaloo machen, es gibt Leute, die tanzen mehr Footwork. Es muss aber auch nicht jeder hin.

Ich finde es auch noch gut, dass es ein Battle ist, das sich von anderen Battles absetzt, dadurch dass man Shows macht. Wenn man nur Battle möchte, dann geht man zur Freestyle Session, wenn man die Crew durch eine Show repräsentieren möchte, dann geht man zum Battle Of The Year. Also ich gehe auch gerne zum BOTY, da kann man auch immer neue Leute kennen lernen.

Ich wünsche dem Thomas da auch weiterhin viel Erfolg.

 

HHWS: Wie siehst du die weitere Zukunft vom B-Boying bzw. Hip Hop?

SONNY: Da bin ich selber auch gespannt. Die Zukunft ändert sich sehr schnell, die technische Entwicklung geht schnell voran. Da kommt immer was anderes.

Das Tanzen geht auch langsam in verschiedene Richtungen, ich denke mal dass es sich wie beim Writing in verschiedene Stile splitten. Ich hoffe aber, dass das nicht passiert. Ich finde es schon schade, dass es für die Rapper extra Jams gibt und für Breaker auch und nicht wie bei uns früher, wo alles in einem war. Das fehlt heute.

 

HHWS: Vielen Dank für das Interview. Einige Grüße oder letzte Worte…

SONNY: Ich habe sehr viele Leute zu grüßen, ich bedanke mich für die Menschen mit denen ich zusammen im Kreis tanzen darf und mit denen ich auf Jams rocke und ich wünsche mir, dass die versuchen das B-Boying erstmal als Foundation zu trainieren und das in der Zukunft weiter beibehalten.